Chronik
140 Jahre MGV Concordia Gelnhaar1882
„Musik wird oft nicht schön gefunden, weil sie stets mit Geräusch verbunden.“ Dieses Zitat von Wilhelm Busch aus dem Jahre 1874 zeigt, die Concordia Gelnhaar war zu dieser Zeit noch nicht ge-gründet.
Acht Jahre später, 1882, in Berlin regierte der 85-jährige Wilhelm I. als Deutscher Kaiser und im hessischen Darmstadt Ludwig IV. als Großherzog von Hessen und bei Rhein. Alfred Klietsch fungierte im Kreis Büdingen als Kreisrat -heute würden man sagen Landrat-. Ihm wird der Satz zugeschrieben: „Die Gelnhaarer sind zwar ein armes, aber ein lustiges Völkchen!“ -Zum Glück ist nur letzteres bis heute erhalten geblieben! - Als Bürgermeister leitete in dieser Zeit Jakob Groth II. die Geschicke des Dorfes.


Und so kamen am 01. Juli 1882, es war ein Samstag zwölf sangesfreudige Männer zusammen, um einen Männergesangverein zu gründen. Die Gründer waren: Johannes Hör, Gerhard Heun, Konrad Albrecht, Heinrich Emrich, Konrad Kromm, Joh. Konrad Kromm, Peter Gorr, Karl Vogel, Andreas Minnert, Heinrich Triesch I., Heinrich Vogel I. und Konrad Engel.
Mit dem jungen Verein ging es schnell bergauf und so konnte am 13. Juli 1886 die erste Vereinsfahne geweiht werden.
1912 feierte man bereits das 30-jährige Jubiläum in Form eines großen Waldfestes was durch die Presse entsprechend gewürdigt wurde. Zu Gast waren zwei Gesangvereine aus Wolf und die Gesangvereine aus Bindsachsen, Merkenfritz und Usenborn. (Wie passend, heute ist Usenborn auch da!) „Gegen 3 Uhr nachmittags stellte sich der Festzug beim Vereinslokal Debus auf und marschierte mit flatternden Fahnen und klingendem Spiel zum Festplatz im Kirchwäldchen hinauf, unterwegs von einem tüchtigen Regenschauer freundlichst begrüßt. Von allen Seiten strömten Festgäste herbei, sogar von Rohrbach.“ Können wir da lesen und der Bericht endet mit dem Satz: „Von dem Gesangverein Concordia hegen wir die zuversichtliche Hoffnung, dass er den Geist der Eintracht in unserem Dorf fördere und seine Mitglieder durch unsere schönen Volkslieder zu edler Gesinnung und zum kräftigen Abscheu vor allen gemeinen Lieder erziehe.“ (Was der Autor damit auch immer sagen wollte?) Extra erwähnt wurde, dass wegen der Kälte nicht viel getrunken wurde und es erfreulicherweise auch alkoholfreie Getränke gab.


Chorleiter
In den ersten Jahren nach der Gründung waren es die Dorfschullehrer, welche die Chorleitung übernahmen. Die Chronik zum 100-jährigen Jubiläum 1982 nennt ab 1882 Lehrer Weimer. Ihm folgten die Lehrer Schmidt und Frank bis 1886. Lehrer Kitz bis 1890, Lehrer Heusohn bis 1893, Lehrer Hauser bis 1899 und als letzter Lehrer Schäfer bis 1905. So kam man in 23 Jahren auf 7 Chorleiter. Diese immerwährenden Wechsel auf der Chorleiter Position hatten ab 1906 ein Ende. Mit dem Ober-Laiser Karl Greul fand man einen Dirigenten, der dem Verein fast fünf Jahrzehnte treu verbunden war. Noch heute gilt seine Anreise zur Singstunde als legender. Karl Greul arbeitete bei Buderus in Hirzenhain und machte sich regelmäßig bei Wind und Wetter nach der Arbeit zu Fuß auf nach Gelnhaar. Nach der Singstunde trat er entweder den zweistündigen Heimweg nach Ober-Lais an oder übernachtete in Gelnhaar um am nächsten Morgen wieder zum Arbeitsbeginn nach Hirzenhain zurück zu laufen. Für seine Verdienste um die Concordia wurde er 1954 zum Ehrenbürger der Gemeinde Gelnhaar ernannt.
Ihm folgte ab dem 03. März 1954 Adam Gensert der bis 1996 die Chorleitung inne hatte. Durch ihn erlebte der Chor einen neuen Aufschwung und konnte zeitweise bis zu 52 aktive Sänger in seinen Reihen zählen.


1962 wurde das 80-jährige Bestehen gefeiert und zum Freundschaftssingen wurden viele Vereine nach Gelnhaar gelockt. 1969 wurde die alte Vereinsfahne durch eine neue ersetzt, die nun bei Festzügen dem Chor vorangetragen wird. 1982 feierte die Concordia ihr 100-jähriges Bestehen und richtete einen Pokal-Wettstreit, an dem 309 Vereine mit über 1100 Sängerinnen und Sängern teilnahmen, aus. Dieses Jubiläum wurde mit einer ganzen Festwoche gefeiert in deren Rahmen auch der Turn-verein 07 sein 75-jähriges und der Sportclub Rot-Weiss sein 50-jähriges Jubiläum feierten.
Nachdem Adam Gensert den Taktstock niedergelegt hatte, übernahm Thomas Löffler ab 1996 als noch junger Dirigent die Leitung des Männerchores.
Mit ihm als Chorleiter feierte man 2002 das 120-jährige Jubiläum mit einem Galakonzert. Unter Mitwirkung eines Orchesters bestehend aus Bläserquintett, Streichquintett, Klavier- und Gesangsolisten wurden Stücke der klassischen und neueren Musikgeschichte dargeboten.


Von altbekannten Silcher-Werken wurde der musikalische Bogen über den „Gefangenenchor“ aus „Nabucco“ und dem „Abendlied“ aus „Hänsel und Gretel“ bis zum „Phantom der Oper“ gespannt. Die Presse titelte damals „Opernhaus in Gelnhaar“ 2005 beendete Thomas Löffler aus beruflichen Gründen sein Engagement in Gelnhaar und der musikalische Weg der Con-cordia ging mit dem neuen Chorleiter Alexej Gubin weiter.
Das 125-jährige Jubiläum stand 2007 an und wurde mit einem Liederabend an dem 18 Gastvereinen teilnahmen gefeiert. Bei dieser Veranstaltung kam das hiesige Bürgerhaus platzmäßig an seine Kapazitätsgrenze. Alexej Gubin leitete den Chor sehr erfolgreich bis Ende 2018, was durch die Teilnahme an Chorwettbewerben, zuletzt beim Kritiksingen im Rahmen der Landesgartenschau 2018 in Bad-Schwalbach untermauert wurde. Hier erhielt die Concordia sehr gute Bewertungen für Dynamik und Lautstärke und vom Wertungsrichter das Zitat: „Ich wusste nicht, dass so wenige Sänger so ein Fortissimo singen können!“ mit auf den Weg gegeben.


Seit Jahresbeginn 2019 ist nun Thomas Löffler als Nachfolger seines Nachfolgers wieder mit der Chorleitung betraut. Bedingt durch die Coronapandemie mussten Übungsstunden und öffentliche Auftritte stark reduziert werden und das Vereinsleben wurde massiv eingeschränkt. Daher ist die heutige Veranstaltung für uns Sänger auch ein Hoffnungsschimmer, das es weitergeht und Gesangs-wettbewerbe, Liederabende und Konzerte wieder Einzug in den Vereinskalender halten.
140 Jahre, ein solches Jubiläum kann man nur feiern, wenn man in seinen Reihen Männer findet, die bereit sind sich über das normale Maß für die Allgemeinheit zu engagieren. Stellvertretend für alle diese Personen, die sich um die Concordia verdient gemacht haben seien nun die Vorsitzenden des Vereins genannt. Erster uns bekannter Vorsitzender war Wilhelm Volz er führte den Verein von 1913(12) bis 1922. Ihm folgte Konrad Henrich der dem Verein drei Jahre bis 1925 vorstand. Sein Nachfolger wurde Karl Minnert bis 1933, dieser wurde durch Karl Weber bis 1935 abgelöst um dann erneut den Verein bis 1947 zuführen. Von 1947 bis 1960 fungierte Hermann Naumann als Vorsitzender. In dessen Amtszeit fiel auch das 75-jährige Jubiläum verbunden mit dem Bundeswertungssingen des Niddertal-Sängerbundes. Mit Heinrich Kromm begann 1960 eine 32-jährige Ära im Vorsitzenden Amt. Keiner leitete die Geschicke der Concordia länger als er. In seine Zeit fiel das 80-, das 90- das 100- und 110-jährige Jubiläum. Für seine Verdienste wurde er zum Ehrenvorsitzen-den ernannt. Noch heute steht Heinrich dem amtierenden Vorstand mit Rat und Tat zur Seite, denn seine Meinung ist uns wichtig und wird immer gerne angenommen.







Sein Nachfolger von 1992 bis 1997 wurde Willi Kromm und seit 1998 steht Andreas Misar als Vorsitzender dem Verein vor. Somit führt der „junge Mann mit vollem Haar“ auch schon seit einem Viertel Jahrhundert die Concordia.
Musikalische Veranstaltungen
Sinn und Zweck eines Gesangvereins ist die Pflege des Chorgesangs. Sei es die Teilnahme an Wertungssingen, Liederabenden oder die Veranstaltung von Konzerten. Der Gesang sollte immer im Mittelpunkt stehen. Dies ist bei unserem Jubiläumsverein nicht anders. So kann die Concordia auf viele erfolgreiche Teilnahmen an Pokal- und Wertungssingen zurückschauen. Das erste uns bekannt Konzert fand 1930 in der Hirzenhainer Klosterkirche statt. 1972 wird vom Bundesleistungssingen in Fulda berichten an dem die Sänger teilnahmen. Mit den dort erbrachten Leistungen qualifizierte sich der Chor für das Bundeschorkonzert in der Jahrhunderthalle Frankfurt-Höchst. Mit drei Bussen voll Sänger und erwartungsfrohen Anhang wurde nach Frankfurt gereist. Mit einem viel gelobten Auftritt wurden drei Stücke gesungen. „Das Jahr war reich“, „Petruschka“ und „Narren“ wurde vorgetragen. Bereits 14 Tage später wurde „Das Jahr war reich“ vom Hessischen Rundfunk in der Stunde des Chor-gesangs im Radio gesendet. Zum 100-jährigen Jubiläum 1982 war erstmals die Stadtkapelle Neuenbürg zu Gast in Gelnhaar. Es entstand eine 10-jährige wechselseitige Freundschaft, die mit gemeinsamen Konzerten belebt wurde. 1983 und 1984 wurden Neujahrskonzerte mit der Hirzenhain Feuerwehrkapelle veranstaltet. Das Galakonzert „120 Jahre Concodia“ hatte ich schon erwähnt. 2014 nahm der Männerchor am Kritiksingen im Rahmen des Chorfestival des HSB bei der Landesgartenschau in Gießen teil.
Die Kritik des Wertungsrichter hatte es in sich. „Sehr guter Chorklang, sehr gute Dynamik, etwas zu laut, Intonation im 2. Tenor nicht immer einstimmig.“ Hier sei angemerkt, der 2.Tenor war an diesem Tag nur mit einem Sänger vertreten. -Und für die Laien unter uns: Dieser eine Sänger hat es geschafft zweistimmig zu singen. Das ist auch nicht jedem gegeben! - Ebenfalls 2014 hatte der Männerchor die Möglichkeit zu Tonaufnahmen beim Hessischen Rundfunk. Die Aufnahmen im Großen Sendesaal des HR, organisiert von Dirigent Alexej Gubin und seiner Frau Astrid waren für jeden Sänger ein Erlebnis. Die Liedvorträge wurden im Rahmen der hessischen Kulturtage in HR2 gesendet und Chorleiter Alexey Gubin im Rahmen der Sendung interviewt. Bereits die erste Frage beantwortete er souverän.








Frauenchor (Sängerfrauen) / Cantando
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Auch Frauen hatten und haben beim Männergesangverein „Concordia“ 1882 Gelnhaar „stimmrecht“. Bereits 1974 wurde unter Adam Gensert, hauptsächlich aus den Frauen aktiver Sänger, ein Frauenchor gegründet. Die Zahl der Auftritte war auf zwei im Jahr beschränkt und bereicherte die Familien- und Weihnachtsfeier. Erstmals öffentlich trat der Frauenchor beim Galakonzert 2002 unter dem Dirigenten Thomas Löffler auf.
Im Jahr 2000 wurde unter Thomas Löffler mit 10 Sängerinnen und 6 Sänger die Chorgruppe „Cantando“ gegründet.


Bereits am 10.November 2000 fand ein erstes Konzert mit Gastchören im Bürgerhaus Gelnhaar statt. Ab Oktober 2008 ging „Cantando“ Gelnhaar mit „All together“ Bindsachsen zusammen und stellte somit einen stattlichen jungen Chor dar.
Diese Chorge-meinschaft unter Leitung des Bindsächser Chorleiter Horst Werner bestand bis 2017???? Erste Frau mit Sitz und Stimme im Vorstand ist seit dem 02.02.2001 Heidi Misar.
Nach 119 Jahren zog somit weibliche Intuition bei der Concordia ein.




Gesellige Veranstaltungen
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Gesellige Veranstaltungen sind für jeden Verein ein wichtiges Element. Zum einen wird die Geselligkeit gepflegt und die Bindung der Mitglieder zum Verein in lockerer Runde gefestigt. Dies gilt, natürlich auch für die Concordia Gelnhaar. Womit der alte Kreisrat Klietsch weiterhin recht hat: „Die Gelnhaarer sind ein lustiges Völkchen.“ Zum zweiten sind es wichtige Einnahmequellen, um den Vereinszweck zu erfüllen. Viele dieser Veranstaltungen haben sich im laufe der Jahre verändert oder wurden durch andere ersetzt. Hier ist zum einen die Kerb zu nennen, welche bis 2009 im drei- jährigen Rhythmus mit der Freiwilligen Feuerwehr Gelnhaar abgehalten wurde. Bis 1994 fanden Maskenbälle im Bürgerhaus statt und die Familienabende in den 90er Jahren waren sehr erfolgreich.
Kein Wunder, wurde doch ein „internationales“ Showprogramm mit Musikantenstadl, Playbackshow und Männerballett geboten. Auch fanden bis 2005 jährliche Grilltage mit Backhausbrot und Kuchen, gebacken von den Sängerfrauen statt.
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Seit 1996 findet das Schlachtessen großen Anklang im Dorf.







Hier heißt es mitunter, rechtzeitig dazu sein, denn wer zu spät kommt den bestraft das Leben, oder er steht vor leeren Schüsseln. Kein Wunder, konnte doch mit Axel Kalbfleisch ein exzellenter A-Klasse Metzger gefunden werden. Einen nie gedachte Erfolgsgeschichte ist das Westerncamp auf dem Frankenschlag. Bei seiner Premiere 2009 konnte noch keiner ahnen wie hervorragend sich diese Veranstaltung entwickeln wird. Ein fester Punkt im Jahreskalender der Concordia ist auch die Weihnachtfeier deren gutbestückte Tombola, mit einem Fernseher als Hauptpreis, die Gäste zum Lose kauf jedes Jahr animiert.
2004 und 2006 organisierte der Verein in einem vollbe-setzen Bürgerhaus das Musical König der Löwen mit der Tanzgruppe „Just for Fun“ aus Brachtal und einleitenden Gesang einiger Sägerinnen und Sänger von Cantando.







Auch die mehrtägigen Vereins- und Vorstandsausflüge trugen zur Geselligkeit bei und geben Anlass, zum Erzählen mancher Anekdote. Etwa wenn bei einer Floßfahrt auf dem Altmain der Erste Vorsitzende mit tatkräftiger Nachhilfe durch Martin Vogel baden geht oder sich ein Teil des Vorstandes im Spessartwald trotz umfangreichen Kartenmaterials unter Führung von Andreas Misar hoffnungslos verläuft.
Abschluss
Dies war ein kurzer Abriss über 140 Jahre MGV Concordia 1882 Gelnhaar. Zum Verein gehören im Jubiläumsjahr 2022 129 Mitglieder, davon 28 Ehrenmitglieder und 15 aktive Sänger. „Concordia“ ist die lateinische Bezeichnung für Eintracht. Und wenn wir die Eintracht weiterleben, dann werden wir sicherlich noch weitere Jubiläen feiern können.



